Die Resolution des UNO-Sicherheitsrats zum Schutz der Zivilbevölkerung wird 25 Jahre alt

Der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten ist ein wichtiges Ziel der Schweizer Aussenpolitik. Sie setzt sich dafür ein, dass die Menschenwürde auch während bewaffneten Konflikten geschützt wird und dass die Regeln des humanitären Völkerrechts in Kriegszeiten eingehalten werden. In Kürze einige Beispiele quer durch unsere Einsatzregionen und Schwerpunktbereiche.

Ein Mann hält inmitten von Trümmern in Syrien ein Kind in den Armen.

Am Ort einer Explosion in der Stadt Azaz, im nördlichen Umland der von den Rebellen kontrollierten syrischen Provinz Aleppo. © Keystone

1999 verabschiedete der UNO-Sicherheitsrat eine Resolution, die zum ersten Mal den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten umfassend behandelte. 25 Jahre später steht dieses Thema zunehmend vor ernsthaften Bedrohungen und Herausforderungen. Weltweit nehmen bewaffnete Konflikte zu, wobei die Zivilbevölkerung am stärksten unter den Folgen leidet: zivile Infrastruktur, wie Krankenhäuser oder Schulen, werden zerstört; der Zugang humanitärer Hilfsgüter wird nicht oder nur ungenügend gewährleistet; Minen und andere Kriegsmunitionsrückstände kontaminieren das Land. Dies sind nur einige Beispiele, die aufzeigen, welchen Problemen die Zivilbevölkerung während eines bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.

Eine Aushöhlung der Grundsätze und der Regeln des humanitären Völkerrechts ist zu beobachten. Es kommt häufig zu Verstössen und die an den Kämpfen beteiligten Parteien wenden die Regeln des humanitären Völkerrechts oft selektiv an - oder ignorieren sie gänzlich. Dies unterstrich der  EDA-Staatssekretär Thomas Gürber heute im Sicherheitsrat in New York.

Die Schweiz trägt dazu bei, die Einhaltung des Völkerrechts in Kolumbien und in Myanmar zu stärken

Die Schweiz ist einer von vier Staaten, die den Friedensprozess zwischen der bewaffneten Gruppe Ejército de liberación nacional (ELN) und der kolumbianischen Regierung begleiten, und sie ist einer der Garantenstaaten für die Aufnahme von Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und dem Estado Mayor Central de las FARC-EP (EMC). Sie setzt sich dort für einen Waffenstillstand, die Einstellung von Angriffen und Drohungen gegen geschützte Personen und Güter ein. Im Rahmen der Umsetzung des Friedensabkommens von 2016 stellt die Schweiz zudem technische Expertise in Bezug auf die Beteiligung der Zivilgesellschaft, den Waffenstillstand und die Vergangenheitsbewältigung bereit. Zudem bewahrt sie auf Ersuchen der kolumbianischen Regierung und der FARC-EP ein Original des Schlussabkommens von 2016 sowie eine Sicherheitskopie der Archive der kolumbianischen Wahrheits- und Versöhnungskommission auf.

Nach einem langen Bürgerkrieg ist Myanmar nach wie vor eines der am stärksten von Landminen betroffenen Länder der Welt. Seit dem Militärputsch von 2021 hat die Verbreitung von Landminen ein alarmierendes Ausmass erreicht und stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar. Die Zahl der zivilen Opfer von Unfällen, die durch Landminen verursacht wurden, ist von 2022 bis 2023 um 270% gestiegen. Die Schweiz unterstützt die Humanitäre Minenräumung (HMA) seit 2014 in Partnerschaft mit dem Dänischen Flüchtlingsrat (DRC).  Die Interventionen konzentrierten sich vor allem auf die Aufklärung über Minenrisiken und die Unterstützung von Opfern, den Aufbau von Kapazitäten bei wichtigen Akteuren und verantwortlichen Personen und die Unterstützung von Koordinationsstrukturen auf lokaler Ebene. In der neuen Phase wird ein verstärktes Engagement mit Waffenträgern erprobt, um sie für die Minenproblematik zu sensibilisieren, aber auch um Akzeptanz für die Erfassung und Markierung kontaminierter Gebiete zu gewinnen.

Am Dienstag zielte eine von Mosambik initiierte Debatte im Rat darauf ab, die Relevanz und Wichtigkeit der internationalen Regeln zu bekräftigen, die im Laufe des letzten Jahrhunderts, d. h. seit der Verabschiedung der Genfer Konventionen vor 75 Jahren, geschaffen wurden. Ziel des Austauschs war es, den Schutz der Zivilbevölkerung weltweit zu stärken, indem betont wurde, dass es dringend notwendig ist, das Engagement der UNO-Mitgliedstaaten und anderer Interessengruppen für die Einhaltung und Förderung der Grundsätze des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte zu erhöhen.

«Die Genfer Konventionen sind der Eckstein des normativen Gebäudes, das wir Stein für Stein aus den Trümmern der Kriege errichtet haben, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Es ist daher schwer zu verstehen, warum wir heute unser eigenes Werk mit Worten und Taten dekonstruieren», betonte Thomas Gürber in der Ratsdebatte. Es bedarf stärkerer Mechanismen, um die Einhaltung der Regeln und die Rechenschaftspflicht sicherzustellen, umso mehr in einem Kontext, in dem sich die Art und die Methoden der Kriegsführung ständig verändern.

Die Schweiz setzt sich für den Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine ein

Die Schweiz finanziert die Aktivitäten und den Kapazitätsaufbau von lokalen Akteuren, die oft die einzigen sind, die in den Gebieten nahe der Frontlinie tätig sind. Mit mobilen Teams sind sie flexibel und dort, wo sie gebraucht werden. Sie bieten zum Beispiel medizinische Grundversorgung, Rechtsberatung und psychosoziale Unterstützung für gefährdete Personen, die noch in der Konfliktzone leben.

Parallel dazu unterstützte die Schweiz den Schutz der Freiwilligen und des lokalen humanitären Personals durch Lebens- und Unfallversicherungen, das Angebot professioneller psychiatrischer Dienste für die lokalen Einsatzkräfte, den Zugang zu Schutz- und medizinischer Ausrüstung und das Angebot spezialisierter Schulungen in den Bereichen Medizin, Sicherheit und Schutz.

«Nicht die normative Architektur ist schwach, sondern der politische Wille»

Die Schweiz engagiert sich ebenfalls im multilateralen Rahmen für einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung. Dieses Engagement umfasst verschiedene aktuelle Themen, wie zum Beispiel die Verwendung von neueren Technologien in bewaffneten Konflikten, die Prävention und den Schutz von vermissten Personen oder Ernährungssicherheit. Seit 2007 leitet die Schweiz ausserdem die UNO-Freundesgruppe zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten. Dieser informelle Zusammenschluss von 27 Staaten berät sich regelmässig und engagiert sich für eine bessere Einhaltung des humanitären Völkerrechts.

Die Schweiz appelliert an die Einhaltung des humanitären Völkerrechts aller Konfliktparteien und für den Schutz der Zivilbevölkerung. Sie fordert insbesondere einen schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe und dass der Schutz humanitärer Helferinnen und Helfer gewährleistet ist. Humanitäre Hilfe darf nicht zum Spielball politischer oder militärischer Interessen, manipuliert oder missbraucht werden. Sie fordert zudem, dass den Opfern und Überlebenden von Verletzungen des humanitären Völkerrechts Gerechtigkeit widerfährt und dass die Prävention verbessert wird. Dies zum Beispiel durch den systematischen Einsatz von Frühwarninstrumenten. « Nehmen wir [UNO-Mitgliedstaaten] unsere Verantwortung wahr und nutzen dieses Jahr die Gelegenheit der verschiedenen Jahrestage im Zusammenhang mit dem Schutz der Zivilbevölkerung um mit einer starken, vereinten Stimme die uneingeschränkte Achtung des humanitären Völkerrechts ohne Nuancen und Ausnahmen zu fordern. Denn diese Welt braucht dringend mehr Menschlichkeit!», schloss Thomas Gürber.

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